Wie fast alle südfranzösischen Kleinstädte hat auch Grasse eine von einer Stadtmauer umschlossene Altstadt. Besonders ist jedoch, dass die Altstadt nicht wie sonst so oft ein musealer Bezirk für die wohlhabendere Gesellschaftsschicht ist, ganz im Gegenteil. Die Mittel- und Oberschicht leistet sich Villen vor den Toren der Stadt, während die zahlreichen Zuwanderer die billigeren, dunkleren Wohnungen in der Altstadt bewohnen. Das verleiht der Altstadt eine Lebhaftigkeit und Stimmung, die ich sonst in Südfrankreich schon manchmal ein wenig vermisst habe.
Ich war von Grasse sehr positiv überrascht, wenngleich es an Sehenswürdigkeiten im herkömmlichen Sinn fehlt. Lediglich die Kathedrale Notre-Dame-du-Puy aus dem 12. Jahrhundert ist erwähnenswert.
Aber natürlich kommt man in Grasse auch nicht umhin, eine der hier ansässigen Parfümerien zu besuchen. Mehrere davon (u. a. Fragonard, Molinard, Galimard) bieten in regelmäßigen Intervallen kostenlose Führungen in mehreren Sprachen durch ihre Fabriken an, denen man sich einfach anschließen kann. Wir haben uns spontan für "Fragonard" entschieden und haben eine überraschend kurzweilige und interessante Tour durch die Produktionsstätte erlebt.
Der Arbeitsplatz eines Parfümeurs, einer so genannten "Nase":
Hier versucht sich Roman daran :)
Keine Sorge, es wird keineswegs erwartet, dass der Besucher am Ende der Führung auch tatsächlich etwas kauft. Ob man jedoch stark genug ist, den wirklich köstlichen Düften zu widerstehen, ist eine andere Frage... Schade, dass ich euch an dieser Stelle hier keine Duftprobe geben kann!
Wer sich in das Thema wirklich vertiefen möchte, der kann auch dem angeblich sehr sehenswerten Parfum-Museum in Grasse einen Besuch abstatten.
Übrigens ist Grasse nicht nur Zentrum der klassischen Parfumproduktion. Vielmehr werden hier auch natürliche und synthetische Duftstoffe für Waschmittel und Kosmetik sowie Lebensmittelgeschmackstoffe hergestellt.
Grasse und Umgebung hat also nicht nur in olfaktorischer Hinsicht etwas zu bieten. Im kleinen Bergdorf Tourrettes-sur-Loup nahe Grasse sind wir über eine Confiserie-Produktion gestolpert, die ebenfalls Führungen anbietet. Wer sich also für Parfum nicht so sehr begeistern kann, ist vielleicht dort am richtigen Ort.
Die Herstellung der für diese Gegend typischen kandierten Früchte...
... dauert einen ganzen Monat! Die Früchte (zB Orangen) müssen wiederholt in Zucker gekocht und anschließend wieder abgekühlt werden. Das nenne ich mal Slow Food! Der Preis für kandierte Früchte ist dementsprechend hoch, trotzdem durften wir im Rahmen der Führung ausgiebig davon kosten.... ebenso wie Unmengen Bonbons, Schokolade und Marmelade.
Auch visuell sind die kleinen Kunstwerke ansprechend:
Puh, zum Glück habe ich in Grasse ein Parfum und nicht neue Kleidung gekauft... Zuhause heißt es dann erst mal wieder fasten :)
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